Pauschales Bestreiten reicht nicht
Bereits im Artikel Tauschbörsen: Abmahnung und pauschales Bestreiten wurde beschrieben, dass ein pauschales Bestreiten durch den Abgemahnten („war ich nicht“, „nicht mein Musik- bzw. Filmgeschmack“ etc.) nicht ausreicht. Es gilt also aktiv und konkret zu werden
Fehler bei den Ermittlungen
Üblicherweise werden in der Abmahnung Daten wie IP-Adresse, Zeitpunkt, Filehash, Name des P2P-Netzwerks und angebotene Datei angeführt, z.T. mit der Angabe, dass diese „durch die Firma ... erhoben und beweissicher dokumentiert“ seien. Beweissicher? In diesem Zusammenhang betont der Bundesgerichtshof (BGH) nun in einem aktuellen Urteil, dass sich mit bloß theoretischen Fehlermöglichkeiten bei den Ermittlungen jedenfalls nicht erwidern lässt. Erforderlich ist vielmehr, im Einzelfall konkrete Fehler darzulegen, die gegen die Richtigkeit der Ermittlungen sprechen. Hierzu gehören etwa widersprüchliche oder falsche Angaben über Daten. Allerdings: Nur weil sich im Abmahnschreiben in einer (Daten-)Auskunftstabelle ein falscher Buchstabe bei der Namenswiedergabe findet, müssen die durch Ermittlungsfirma bzw. Internetprovider gelieferten Daten noch nicht falsch sein, so der BGH. Eine solche Unstimmigkeit allein lässt sich also (noch) nicht erfolgreich gegen die Beweiskraft der mitgelieferten „Ermittlungsergebnisse“ vortragen.
Keine P2P-Täterschaft
Was lässt sich ansonsten gegen den Vorwurf einwenden, man habe unerlaubt geschütze Werke in einem File-Sharing-System wie Bittorrent oder EDonkey/Kad öffentlich zugänglich gemacht? Dem von der Rechtsprechung verlangten (sog. substantiierten) Bestreiten würde z.B. genüge getan durch folgende Nachweise:
- zum fraglichen Zeitpunkt in Urlaub gewesen zu sein (z.B. durch Reiseunterlagen);
- einer Trennung sämtlicher technischen Geräte, insbesondere Router und Computer, vor Urlaubsantritt vom Stromnetz (Zeugen) bzw.
- einer Verbringung der PC-Anlage in einen für Dritte nicht zugänglichen, abgeschlossenen Büroraum (Zeugen, insoweit bereits im BGH-Urteil aus 2010, vgl. den o.a. Artikel);
- Darlegung, inwieweit der Anschluss vor Zugriffen Dritter geschützt ist, bei W-LAN-Netzwerk etwa durch sichere WPA-Verschlüsselung bei 24-stelligem Passwort;
- Bereitstellung des Computers zur Prüfung, dass Fileshareware hierauf nicht vorhanden ist und war.
Keine Verletzung von Aufsichtspflichten
Ende 2012 hatte der BGH bereits entschieden, dass Eltern keine unbegrenzte Aufsichtspflicht gegenüber ihren Kindern auferlegt wird. Vgl. hierzu bereits den Artikel Illegales Filesharing durch Kinder – keine unbegrenzte Aufsichtspflicht der Eltern. Üblicherweise reicht eine eindringliche Belehrung darüber, dass die Teilnahme an einer Internettauschbörse verboten ist. Auch in dem aktuellen Urteil bekräftigt das Gericht, dass Eltern ihrer Aufsichtspflicht über ein normal entwickeltes Kind, das ihre Gebote und Verbote befolgt, regelmäßig bereits dadurch genügen, dass sie das Kind (1.) über die Rechtswidrigkeit einer Teilnahme an Internettauschbörsen belehren und ihm (2.) eine Teilnahme daran verbieten. Eine Pflicht, die Nutzung des Internets durch das Kind zu überwachen, den Computer zu überprüfen oder dem Kind den Zugang zum Netz (teilweise) zu sperren, besteht grundsätzlich nicht. Zu derartigen Maßnahmen sind Eltern erst verpflichtet, wenn sie konkrete Anhaltspunkte haben, dass das Kind sich nicht an das Verbot hält.
Was also lässt sich vortragen, um (zur Überzeugung des Richters) nachzuweisen,
- dass das Kind über Gefahren und Rechtswidrigkeit einer Tauschbörsen-Teilnahme informiert wurde,
- und eine Teilnahme zudem klar und unmissverständlich verboten wurde?
Hierzu führt der BGH in seiner aktuellen Entscheidung aus, dass sich Eltern durch Behauptung „allgemeiner Regeln zu einem ordentlichen Verhalten“ jedenfalls nicht entlasten. Was also wird verlangt? Wie bereits im Fazit des Artikels Keine Aufsichtspflicht der Eltern für ihre Kinder im Internet angeführt, empiehlt sich z.B. ein IT-Kurs mit entsprechenden Lerninhalten. Solche Inhalte werden heute z.T. auch bereits in den Schulen unterrichtet. Wer sein Kind selbst belehrt, mag die Eckdaten (Zeit, Ort, grobe Inhalte der Belehrung) schriftlich fixieren. Je konkreter Eltern über die Belehrung (vor Gericht) vortragen können, desto eher wird (der Richter) dadurch überzeugt. Und nicht zu vergessen: Belehrung und Verbot sollten ja auch im Gedächtnis des Kindes bleiben. Damit kann es ggf. entsprechend konkret als Zeuge seine Eltern entlasten – anders als die 14-jährige Tochter des Anschlussinhabers, deren Aussage die Vorinstanz im aktuellen BGH-Fall nicht geglaubt hat.
Sie sind abgemahnt worden oder haben weitere Fragen? Gerne unter nennen(at)nennen.de oder per Anruf.