Keine Urheberrechte an Birkenstock-Sandalen

Ohne Kreativität kein Urheberrecht. Bei Gebrauchsgegenständen kommt es auf die Ästhetik jenseits der Funktionalität an. Rein handwerkliches Schaffen reicht nicht, erforderlich ist eine künstlerische Gestaltung, die Individualität erkennen lässt. Mit dem aktuellen Urteil verwehrt der BGH den bekannten Sandalen Urheberrechtsschutz als angewandte Kunst.

Gestaltungsspielräume bei angewandter Kunst

Zur angewandten Kunst gehören Werke, die zu einem praktischen Zweck geschaffen werden, z.B. Gestaltungen aus Grafik- und Webdesign (Kommunikationsdesign). Erfasst sind auch Gebrauchsgegenstände mit künstlerischer Formgebung z.B. Stühle (Produktdesign), Kleidung und Schuhe (Modedesign). Anders als bei der bildenden Kunst (Gemälde, Skulpturen etc.) schränken technisch-funktionale Erfordernisse, Vorgaben oder andere Zwänge ein freies und kreatives Schaffen ein. Die Umsetzung eines (Gebrauchs-) Zwecks in eine Form („Form follows function“) führt nicht zu einem Urheberrecht. So besteht eine Sandale aus einer Sohle und mindestens einem Riemen (Schaft), um die Sohle am Fuß zu halten. Bei der Ausgestaltung von Fußbett und Befestigungssystem bestehen indes schöpferische Spielräume und kreative Freiheiten.

Künstlerische Ausschöpfung der Gestaltungsspielräume

Die Gestaltungsspielräume müssen in einem Grad an Gestaltungshöhe künstlerisch ausgeschöpft worden sein, der Individualität erkennen lässt. Für den urheberrechtlichen Schutz eines Werks der angewandten Kunst ist dabei eine nicht zu geringes Schöpfungsniveau erforderlich. Die Gestaltung muss hinreichend deutlich über das Übliche, Gewöhnliche, Handwerklich-Routinemäßige, hinausgehen und aus der Masse des alltäglichen Schaffens herausragen. Dies ergibt sich insbesondere mit Blick auf die ausgesprochen lange urheberrechtliche Schutzfrist von siebzig Jahren nach dem Tod des Urhebers.

Die Darlegungslast dafür, dass das Produkt über individuelle Gestaltungsmerkmale verfügt, die (hinreichend deutlich) über die Verwirklichung einer technischen Lösung hinausgehen trägt der, der urheberrechtlichen Schutz beansprucht. Der Vortrag, dass die Sohlenplastik der Birkenstock-Sandalen der Trittspur eines durchschnittlichen Fußes im Sand nachgebildet seien, genügte OLG Köln insoweit nicht. Diese Würdigung hat der BGH nun bestätigt.

Das Foto zeigt eine Sandale in Tafraout (Marokko) mit der Aufschrift „BIRKSTORK, Style in Germany, BRAND SOHLE LEDER“. Natürlich ist die Kennzeichnung BIRKSTORK ähnlich gegenüber Birkenstock, zumal in derselben Warenkategorie (Schuhwaren, Klasse 25). Das Bild wirft daher auch Fragen des (internationalen) Markenrechts auf, die hier aber nicht weiter thematisiert werden können.

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BGH Urt. v. 20. Februar 2025 – I ZR 16/24; I ZR 17/24; I ZR 18/24, bislang nur als Pressemitteilung; BGH ZUM 2021, 1040, Rn.40; § 64 UrhG (Urheberrechtliche Schutzfrist); zu den seinerzeit noch höheren Anforderungen an die Entstehung eines Urheberrechts bei angewandter Kunst vgl. den Artikel Urheberrecht an Wohndesign: Kunst oder Kamin?