Frage 1: Sind die Nutzungsarten einzeln ausdrücklich bezeichnet?
Zunächst sollte man sich darüber im Klaren sein, was mit den Fotos alles gemacht werden soll. Bereits hierbei ist ein sorgfältiges Vorgehen angezeigt. Eine Agentur hat die von ihrem Kunden (aktuell und absehbar) gewünschten Verwendungen zu ermitteln, um entsprechende „Bildlizenzen“ einzuholen.
Denn: Eine Lizenz (= Nutzungsrecht) umfasst grundsätzlich jedenfalls die Nutzungsarten, die einzeln ausdrücklich bezeichnet sind. Die sorgfältige Einzelbezeichnung (= Spezifizierung) ist der sicherste Weg, aufgeführte Nutzungen auch vornehmen zu dürfen.
- Wer also z.B. über eine Bilddatenbank eine Lizenz einholen möchte, sollte in den Lizenzbedingungen danach suchen, ob die anvisierten Fotonutzungen dort explizit aufgeführt sind – und die Bedingungen als Beleg ausdrucken/sichern.
- Wer bei einem Fotografen ein Porträtfoto in Auftrag gibt, sollte sich bestätigen lassen, dass „das Foto auch im Internet genutzt werden darf in Sozialen Netzwerken wie Facebook, XING ...,“ und ggf. ergänzen: „dort auch zur Werbung für die gewerbliche/ selbständige Tätigkeit als ...“. Weitere Infos im Artikel Porträtfotos dürfen ohne Vereinbarung nicht auf der Website präsentiert werden.
Wichtig: Die Bezeichnung der Nutzungsarten sollte „einzeln ausdrücklich“ (beides, also hohe Anforderungen!) formuliert sein. So steht es im Gesetz – und das nehmen die Gerichte zum Schutzes des Urhebers/Rechteinhabers wörtlich. Ergo: Hinsetzen und formulieren! Deshalb sind manche Klauseln zur Rechteeinräumung (auch „Rechteübertragung“) seitenlang.
Pauschale Rechtseinräumungen wie „das Werk umfassend“, „auf alle Nutzungsarten“ oder „inhaltlich, räumlich und zeitlich unbeschränkt zu nutzen“ erfüllen diese Voraussetzung nicht.
Frage 2: Sind die Nutzungsarten nahe liegend? Unerlässlich zur Erreichung des Vertragszwecks?
Ohne Einzelbezeichnung und somit auch bei einer „Pauschaleinräumung“ von Rechten wird eine Lizenz nur in dem Umfang eingeräumt, der nach übereinstimmend vorausgesetztem Vertragszweck unbedingt erforderlich ist. In diesem Prinzip (sog. Zweckübertragungstheorie) kommt zum Ausdruck, dass die urheberrechtlichen Befugnisse die Tendenz haben, so weit wie möglich beim Urheber zu verbleiben, damit dieser in angemessener Weise an den Erträgnissen seines Werkes beteiligt wird. Es ist also zu fragen, was aus Sicht beider Parteien hinsichtlich der Verwendung des lizenzierten Werkes als nahe liegend anzusehen ist, als unerlässlich, unbedingt erforderlich. Wer z.B. ein Porträtfoto in Auftrag gibt, darf dieses unentgeltlich und zu privaten Zwecken verbreiten, etwa als Erinnerungsfoto. Er darf es aber nicht ins Netz stellen, z.B. zur Präsentation seiner Dienste als Unternehmensberater bei XING. Ein solches geht über das Naheliegende, Unerlässliche zur Nutzung eines Porträts hinaus.
Die Einräumung von über den Vertragszweck hinausgehenden Nutzungsrechten kann nur angenommen werden, wenn ein dahingehender Parteiwille, und sei es lediglich aufgrund der Begleitumstände, unzweideutig zum Ausdruck gekommen ist. Ein solches bejahte OLG Zweibrücken OLG Zweibrücken, Urt. v. 13. März 2014 – 4 U 208/12 für die weitere Verwertung eines Fotos in der E-Paper-Ausgabe einer Tageszeitung. Der Verwertung in digitalisierter Form sei branchenüblich, dies habe der Fotograf gewusst, weder widersprochen noch eine gesonderte Vergütung verlangt und sich dadurch (stillschweigend) einverstanden gezeigt
Frage 3: Verbleiben Zweifel bei der Antwort auf die Frage 2?
Aus dem Vorangegangenen hat sich ergeben, dass der Umfang des eingeräumten Nutzungsrechts nur dasjenige umfasst, was der Vertragszweck unzweideutig hergibt. Und wenn Zweifel bestehen? Was zweifelhaft ist, verbleibt beim Urheber/Rechteinhaber.
Ein Beispiel aus der aktuellen Rechtsprechung: LG Köln, Urt. v. 5. März 2014 – 28 O 232/13 (CC-Lizenz) Die „Creative Commons Legal Code AttributionNonCommercial 2.0“ (CC-Lizenz) erstreckt sich nicht auf eine „kommerzielle Nutzung“. Ist die Fotoverwendung im Internetangebot des Radiosenders „Deutschlandradio“ eine solche „kommerzielle Nutzung“? Immerhin handelt der Sender zur Erfüllung des öffentlichen Auftrags, wird aus Mitteln des Rundfunkbeitrags finanziert und präsentiert seine Website unentgeltlich, ohne Werbung und Sponsoring. Es geht hier nicht um Absatz von Waren oder Dienstleistungen oder um Erzielung geldwerter Vergütungen. „Kommerziell“ im (engen) Sprachsinne handelt der Sender daher nicht. Andererseits ist seine Bildverwendung sicher keine private Nutzung, die zweifelsfrei durch die CC-Lizenz erfasst wäre. Eine Einordnung ist hier also nicht eindeutig mit der Folge: Im Zweifel für den Urheber/Rechteinhaber. Die Nutzung war also nicht durch die CC-Lizenz gedeckt und rechtswidrig.
Apropos Zweifel: Für Bearbeitungen § 37 Abs.1 UrhGformuliert das Urheberrechtsgesetz explizit, dass dem Urheber/Rechteinhaber im Zweifel das Recht der Einwilligung zur Veröffentlichung oder Verwertung zusteht. Auch hier hilft nur: „einzeln ausdrücklich“ formulieren, in welchem Umfang Fotos bearbeitet werden sollen. Allerdings sind dem Bearbeitungsrecht durch das Urheberpersönlichkeitsrecht Grenzen gesetzt. Gravierende digitale Nachbearbeitungen, Farb- oder Größenänderungen, ausschnittsweise Benutzungen von Bildern etc. sind grundsätzlich unzulässig.
Fazit: Sorgfältig arbeiten, Zusicherungen überprüfen
In einem Satz lässt sich zum Thema Lizenzerwerb damit festhalten: Nutzungsarten, bzgl. derer eine einzeln-ausdrückliche Bezeichnung fehlt, sind nur dann Teil der Lizenz, wenn sie aus Sicht beider Parteien ohnehin „auf dem Tisch liegen“, und zwar ohne dass Zweifel verblieben.
Jetzt wurde schon so viel über Zweifel geschrieben. Aber darf man sich denn wenigstens auf eine Zusicherung verlassen, jemand sei der Rechteinhaber und könne „über die Rechte an dem Foto verfügen“? Leider nein. OLG München OLG München, Urt. v. 15. Januar 2015 - 29 W 2554/14urteilte, dass eine Sorgfaltspflichtverletzung vorliege, wenn eine behauptete Rechtekette nicht unter Anforderung überprüfbarer Unterlagen zurück verfolgt wird. Wer sich durch eine Werbeagentur einen Internetauftritt erstellen lässt, sollte sich also Verträge oder andere Unterlagen vorlegen lassen, aus denen sich ergibt, auf welchem Wege die Agentur ihrerseits die entsprechenden Lizenzen erworben hat und weiterlizenzieren darf. Ein Vertrauen auf die Zusicherung sei fahrlässig und begründe damit die Verpflichtung zu Schadenersatz, so die Richter. Ob sich dann der (volle?) Schaden durch einen Regress von der Werbeagentur „wieder holen“ ließe, ist eine andere Frage.
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